Orbiting – was steckt hinter diesem fiesen Dating-Trend?
Ghosting, Benching, Lovebombing und Breadcrumbing kennen die meisten Singles, die online auf Partnersuche gehen. Aber wer hat schon einmal von Orbiting gehört? In diesem Artikel klären wir Sie über diese rücksichtslose Dating-Masche auf.
Was bedeutet Orbiting?
Der Begriff Orbiting leitet sich vom englischen Wort Orbit ab und lautet auf Deutsch Erdumlaufbahn. Orbiter kreisen im Internet um andere Menschen, ohne ihnen jemals nahezukommen. Doch was hat es damit auf sich? Typischerweise fängt die Dating-Masche so an, dass man jemanden kennenlernt und mit ihm chattet. Dabei spielt es keine Rolle, ob der Kontakt auf Dating-Apps, Singlebörsen, Partnervermittlungen oder in den sozialen Netzwerken zustande kommt.
Nach einem ausgiebigen Nachrichtenaustausch und einigen Telefonaten findet nach kurzer Zeit das erste Date statt. Das Treffen verläuft harmonisch, sodass weiteren Online- und Offline-Kontakten nichts im Wege steht. Man ist zufrieden mit der neuen Beziehung und fühlt sich zu seinem Flirtpartner hingezogen. Dann ganz plötzlich ohne ersichtlichen Grund verschwindet er in der Versenkung und gibt kein Lebenszeichen mehr von sich.
Bis jetzt klingt das Ganze wie ein gewöhnliches Ghosting. Wer Orbiting betreibt, geht noch einen Schritt weiter. Orbiter bleiben zwar für ihren ehemaligen Schwarm telefonisch nicht erreichbar und ignorieren alle Nachrichten. Trotzdem folgen Sie ihm auf Facebook, Instagram & Co. Oftmals liken sie zudem die Posts ihrer Opfer oder teilen sie in den sozialen Medien. Im Gegensatz zum Dating-Trend Ghosting hinterlassen Orbiter ständig Spuren, obwohl sie jede Kommunikation verweigern.
Neben dieser klassischen Form gibt es Orbiting auch ohne Dating. So schauen sich manchmal alte Schulfreunde, frühere Bekannte oder vollkommen unbekannte Personen, mit denen man überhaupt keinen Kontakt hat, die neuesten Beiträge im Internet an? Warum interessieren sich solche Leute für das Leben von Fremden?
Was genau steckt hinter Orbiting?
Im Jahr 2018 beschrieb die amerikanische Social-Media-Redakteurin Anna Iovine erstmals das Dating-Phänomen Orbiting und gab ihm diesen Namen. In einem Artikel auf dem Modeblog Man Repeller (übersetzt Männerabwehr) bezeichnet Iovine die Masche als die schlimmere Form des Ghostings. Wenig überraschend für einen Männerabwehr-Blog kommt sie zu dem Schluss, dass ausschließlich Männer Orbiting betreiben. Diese Ansicht ist auch heute noch weit verbreitet. Zumeist wird als Begründung der Artikel von Anna Iovine zitiert. Aber hat die Autorin wirklich recht?
Bisher wurden noch keine Statistiken zu diesem Thema erhoben. Trotzdem gibt es einige Hinweise in den Weiten des Internets. Da Ghosting die erste Phase des Orbitings darstellt, ist folgende Annahme gerechtfertigt: Ein Teil der Personen, die Ghosting betreiben, neigt auch zum Orbiting. Laut einer repräsentativen Umfrage der Partnervermittlung ElitePartner aus dem Jahr 2018 haben 36 Prozent der Frauen und 21 Prozent der Männer schon einmal einen Chatpartner geghostet.
Mit anderen Worten verschwinden beinahe doppelt so viele Frauen wie Männer spurlos aus dem Leben von Menschen, mit denen sie zuvor noch ausgiebig geflirtet haben. Und von den zahlreichen weiblichen Ghostern soll dann niemand mehr den zweiten Schritt machen und ab und zu in den sozialen Medien oder auf dem Mitgliederprofil einer Partnerbörse nachsehen, wie es dem ehemaligen Schwarm so geht? Wir halten das für sehr unwahrscheinlich. Aber solange keine verlässliche Statistik zu diesem Thema vorliegt, wird immer weiter behauptet, Orbiting sei eine rein männliche Dating-Masche.
Warum betreiben manche Menschen Orbiting?
Betroffene verstehen oft gar nicht, was dieses Verhalten soll, und sind verzweifelt. Weshalb taucht der Internet-Schwarm unter, um sich dann doch noch für meine Storys bei Instagram zu interessieren? Eine mögliche Erklärung für dieses irrationale Verhalten lautet FOMO (Fear of Missing out) oder auf Deutsch: die Angst, etwas zu verpassen. Bei FOMO geht es weniger um die Befürchtung, ein wichtiges Ereignis zu versäumen. Betroffene haben den Eindruck, falsche Entscheidungen zu treffen. Sie glauben, dass ihnen deshalb Chancen im Leben entgehen.
Obwohl sie einen Flirtpartner ghosten, schauen diese Leute immer wieder in den sozialen Netzwerken nach, was die Person postet und rufen sich mit Likes in Erinnerung. Man könnte sonst etwas Wichtiges verpassen. Eine andere Theorie besagt, dass Orbiter keine Hintergedanken haben, sondern einfach nur neugierig sind. Sie wissen gar nicht, dass sie mit ihren Besuchen und Likes bei Facebook & Co Spuren hinterlassen.
In mehreren Artikeln stellen Blogger Überlegungen an, warum Menschen Orbiting betreiben.
Orbiter…
- daten gerade jemand anderen und wollen sich alle Optionen offenhalten,
- haben kein echtes Interesse mehr, schaffen es aber nicht, den Kontakt komplett abzubrechen,
- sind beziehungsunfähig und können sich nicht auf andere Personen mit ihren Ecken und Kanten einlassen,
- suchen gar keinen festen Partner.
- Genau wie Cushioning und Benching dient Orbiting demnach dazu, sich frühere Chatpartner auf eine bestimmte Art warmzuhalten.
Welche Auswirkungen hat Orbiting auf die Betroffenen?
Viele Außenstehende meinen, Orbiting sei eine eher harmlose Masche. Mit Breadcrumbing, Lovebombing und Pigging gibt es in der Tat Dating-Trends, die die Opfer noch mehr verletzen können. Trotzdem sollte man die psychischen Folgen von Orbiting nicht unterschätzen. Bereits in der ersten Stufe des Orbitings, dem Ghosting, werden viele der Opfer traumatisiert. Der Leiter der Forschungsgruppe Psychosomatische Rehabilitation an der Charité in Berlin, Michael Linden, spricht von einer sogenannten Posttraumatischen Verbitterungsstörung.
Betroffene leiden häufig unter Depressionen und anderen psychischen Problemen. Selbst wenn es nicht zu einem Ausbruch der Krankheit kommt, dauert es viele Monate, bis man die Auswirkungen des Ghostings überwunden hat. Aber damit endet die Kränkung nicht. Mit den Besuchen des Profils und den Likes machen sich Orbiter immer wieder bemerkbar. So wird es für viele Betroffene beinahe unmöglich, einen Schlussstrich zu ziehen.
Denn es könnte ja sein, dass der andere keine Zeit hat und nur aus diesem Grund nicht mehr erreichbar ist. Da die Hoffnung bekanntlich als Letztes stirbt, möchte man dem Orbiter am liebsten noch eine Chance geben. Enttäuschung und Frustration sind bei einer solchen Denkweise vorprogrammiert. Was gewinnt man, wenn sich diese Person tatsächlich wieder telefonisch oder per Mail meldet? Vielleicht kommt es zu mehreren Treffen oder sogar zu einem intimen Beisammensein. Hat der Orbiter sein Ziel erreicht, wird er sich höchstwahrscheinlich einmal mehr in Luft auflösen.
Wie reagiert man am besten auf Orbiting?
Wer Gefühle für einen anderen Menschen hegt und eine Zukunft in der Beziehung sieht, verschwindet nicht einfach grundlos und beobachtet – ähnlich einem Stalker – seinen ehemaligen Schwarm aus sicherer Entfernung. Der einzige Weg, eine toxische Beziehung wie diese zu beenden, ist ein konsequenter Kontaktabbruch. Bei Partnerbörsen haben Sie die Möglichkeit, den Orbiter zu blockieren. Diese Funktion gibt es auf jedem Mitgliederprofil.
Auch bei Facebook und Instagram lassen sich unliebsame Besucher sperren. Wie das genau funktioniert, erfahren Sie hier: Wie sperre oder blockiere ich jemanden für meine Facebook-Seite; Instagram: So sehen Sie, wer Sie blockiert hat. Gesperrte User können nicht mehr auf die Posts und Storys Ihres Kanals zugreifen. Auf diese Weise lässt sich zukünftiges Orbiting weitgehend unterbinden.
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